Streit um Taubenkot und Taubenfütterung in Währing

Taubenkot Währing

Der Umgang mit Tauben im öffentlichen Raum sorgt auch in Währing für Diskussionen. Massive Verschmutzung durch Taubenkot und falsch verstandener Tierschutz sind einige der Probleme

Diese Artikel ist im Rahmen der Lehrveranstaltung „Bootcamp Onlinejournalismus“ an der Fachhochschule der WIrtschaftskammer Wien entstanden.

Tauben erkennen, wer sie regelmäßig füttert

Als Monika aus der Bim aussteigt, versammeln sich dutzende Tauben um sie, als ob sie eine Freundin begrüßen würden. Sie erkennen die Frau und wissen, dass es jetzt Futter gibt. Tauben merken sich, von wem und wann sie gefüttert werden. Als Monika die Körner aus einem Kilo-Sack streut, stürzen sich die Vögel scharenweise auf die Stelle. Monika bezeichnet sich als Tierschützerin und füttert die Vögel mehrmals am Tag. Sie organisiert sich dabei mit Gleichgesinnten in einer WhatsApp-Gruppe. Sollte sie krank werden, übernehmen die anderen ihre Route. Jedes Mitglied betreut vier bis zehn Plätze, an denen sie artgerechtes Taubenfutter ausstreuen. Die Futterstellen bestimmen sie selbst.

Taubenkot Fahrrad

Schwärme verdrecken Umgebung

Abgestellte Räder und Einrichtungen in der Nähe von Futterstellen werden mit Kot und Federn beschmutzt. „Das kann einen Kinderspielplatz unbrauchbar machen. Die Vögel werden bewegungsfaul und sitzen den ganzen Tag am selben Ast, mit bestem Blick zur Futterstelle“, sagt Christian Fellner von der Tierschutz-Ombudsstelle Wien.

Taubenfütterer bleiben uneinsichtig

An einem dieser Orte arbeitet Julian, sein Name wurde geändert. Im Dezember verkauft er Christbäume vor der Kirche St. Gertrud in Währing. Ein Taubenschwarm lauert über seinem Arbeitsplatz. „Natürlich ist es ärgerlich, wenn ich den ganzen Tag unter Vögeln stehe und alles, inklusive mir, verdreckt wird“, sagt er. „Jeden Tag erscheint eine Frau mit einem Futtersack und leert Körner an den gleichen Baum“, sagt Julian über Monika. Allein an der Zahl der Vögel über ihm könne er die Ankunftszeit erkennen, ohne auf die Uhr zu schauen, erzählt er. Julian habe Monika schon mehrmals mit seinem Problem konfrontiert, diese bleibe aber stur.

Taubenkot Futter

Konflikt nicht immer friedlich

Monika macht das für die „Viecherl“, obwohl sie von anderen beschimpft, genötigt und manchmal sogar bedroht wird. Einmal habe man ihr mit einer Eisenstange ins Gesicht geschlagen. Ein Krankenhausaufenthalt war die Folge. Ihren echten Namen will sie deshalb nicht verraten. „

„Ohne mich verhungern sie“

„Manchmal komme ich weinend nach Hause und weiß nicht, wie ich das aushalten soll. Aber ohne mich verhungern sie ja“, sagt sie und holt eine Aussendung von Tierschutz Austria aus ihrer Jackentasche. Dort heißt es, dass Tauben „verhungern, weil sie nie gelernt haben, sich selbst zu versorgen.“

Taubenkot tote Taube

Tierschutz Austria: Großteils ausgewilderte Tiere

Die Population besteht laut Tierschutz Austria großteils aus gezüchteten Hochzeits- oder Brieftauben, die nicht mehr nach Hause finden. Die Organisation unterstützt die Fütterung, weil die Vögel sonst nur schädliche Speisereste essen würden. Artgerechte Fütterung durch den Menschen sei das geringere Übel.

Tierschutz-Ombudsstelle: „Absurdes Ausmaß“

„Im Winter ist eine gewisse Unterstützung sicherlich notwendig, weil sie da kein Futter finden, aber ab Frühjahr bis Herbst brauchen Tauben nur wenig Hilfe vom Menschen“, dementiert Christian Fellner von der Tierschutz-Ombudsstelle. Tierfütterung habe in Wien an manchen Stellen ein „absurdes Ausmaß“ angenommen. Laut Fellner verlernen die Vögel dadurch, selbstständig Nahrung zu finden.

Taubenkot Tauben

Taubenschwärme sind unnatürlich

Das natürliche Verhalten der Vögel kann man laut Fellner auf den Grünflächen Wiens beobachten: „Da sind sie in Kleingruppen unterwegs und picken herum“. Laut Tierschutz-Ombudsstelle ist die Taubenpopulation mit ca. 60.000 Tieren rückläufig und nicht das eigentliche Problem. Nur durch die exzessive Fütterung komme es zu so großen Schwärmen.

Verschmutzung führt zu Taubenhass

Die verstärkte Verschmutzung befeuert nach Fellner von der Tierschutz-Ombudsstelle den Taubenhass. Das Wohl der Vögel werde diesen Menschen dann egal. Michaela Lehner von Tierschutz Austria ruft zur Vernunft auf. Das Füttern soll „im Rahmen des gegenseitigen Einvernehmens geschehen“. Tierschutz Austria werde versuchen, Monika zu erreichen und eine Lösung vor der Kirche St. Gertrud finden.

Taubenkot Spikes

Taubenabwehr oft nicht artgerecht

Auf ihrer Route füttert Monika nicht nur, sie hält auch Ausschau nach Tieren in Not. Der Mensch wehrt sich gegen die Vögel mit Netzen und Spikes, derentwegen Tauben im schlimmsten Fall sterben. Ein wichtiger Punkt ist die tierschutzgerechte Gestaltung von Taubenabwehreinrichtungen. „Beschädigte Netze müssen unbedingt repariert werden und auf Spikes, die immer wieder zu Verletzungen führen, sollte generell verzichtet werden.

Statt der Montage von Spikes reicht es oft schon, eine Abschrägung am Sims oder am Fensterbrett anzubringen“, empfiehlt Fellner von der Tierschutz-Ombudsstelle. Den Ärger über die Verschmutzung durch ihre gefiederten Freunde relativiert Monika. Der Mensch soll ihren Futterplätzen einfach ausweichen. Wenn es doch einmal passiere, dass man von Taubenkot getroffen wird: „Dann denkt daran, es bringt Glück.“


Photos: Mario Pichler