Am ersten Oktober treten eine Reihe von Änderungen der Straßenverkehrsordnung (StVO) in Kraft. Sie bringen deutliche Verbesserungen für FußgängerInnen und Radfahrende. Auch in Währing entsteht dadurch Handlungsbedarf. Wir haben uns einige der neuen Regeln angeschaut.
Schwerpunkte in StVO verschieben sich
Die Straßenverkehrsordnung stammt in der bisherigen Form aus den 1960ern, als alle anderen Arten der Fortbewegung im öffentlichen Raum dem Autoverkehr untergeordnet wurden. Die 33. Novelle der StVO, die am 1. Oktober in Kraft tritt, führt hier zu einigen deutlichen Verschiebungen. Vorteile hat das auch für AutolenkerInnen. In manchen Bereiche, die bisher nicht klar und nachvollziehbar geregelt waren, gibt es jetzt verständlichere Vorgaben.
Überragen beim Parken wird verboten
Die Gehsteige in vielen Bereichen Währings sind sehr eng und werden durch falsch abgestellte Fahrzeuge noch enger. Ein besonders krasses Beispiel ist die Theresiengasse: Bei einem Lokalaugenschein von „Unser Währing“ an einem normalen Wochentag ragten hier etwa zwei Drittel aller abgestellten Autos deutlich über die vorgegebenen Linien – das ist eigentlich bereits jetzt verboten.
Künftig wird dieses „Überragen“ auch bei Gehsteigkanten untersagt.
Ähnliche Stellen gibt es auch in vielen anderen Teilen des Bezirks. Ob die LenkerInnen sich künftig daran halten werden ist offen. Längerfristige Abhilfe gegen diese Rücksichtslosigkeit wird wohl nur die Entfernung der Schrägparkplätze in besonders betroffenen Straßen bringen
Schutzweg-Benützungspflicht fällt
FußgängerInnen haben das Recht die Fahrbahn zu queren, wenn sie es die Verkehrslage zulässt und er Verkehr dabei nicht behindert wird. Bisher galt zusätzlich, dass für die Querung ein Zebrastreifen genutzt werden muss, der näher als 25 Meter entfernt ist.
Diese Verpflichtung fällt jetzt weg – man kann also auch direkt neben einem Zebrastreifen über die Straße gehen. Allerdings haben FußgängerInnen dort keinen Vorrang.
Ende der Gehsteigsbenützungspflicht
FußgängerInnen sind künftig auch nicht mehr verpflichtet, den Gehsteig zu benützen. Das gilt künftig nur mehr, wenn die Benützung „zumutbar“ ist. Hier gibt es sicher noch viel Interpretationsspielraum. Klar ist dass die Benutzung von zu schmalen Gehsteigen unzumutbar ist, außerdem wenn die Gehsteige durch Baustellen unpassierbar oder sie vereist sind. Ersatzlos gestrichen wird auch die Benützungspflicht für Ober- und Unterführungen – von denen es in Währing mit Ausnahme des Gürtels aber ohnehin keine gibt.
Kein Überholen von Fahrrädern in engen Gassen
Verboten war es auch jetzt schon, die neuen Regeln machen es aber noch deutlicher. Beim Überholen von Fahrrädern ist ein Abstand von mindestens 1,5 Meter einzuhalten. RadfahrerInnen können bei Einhaltung des Rechtsfahrgebotes mindestens 1,2 Meter Abstand zu den geparkten Fahrzeugen halten. Die vorgeschriebene Fahrbahnbreite für Einbahnen beträgt 3, 5 Meter, stellenweise sind die Einbahnen im Kreuzgassenviertel und im Cottage sogar noch etwas schmäler.
Rechnet man diese Zahlen zusammen wird klar: Das Überholen von Fahrrädern durch Kraftfahrzeuge ist hier nicht möglich, ohne die Straßenverkehrsordnung zu verletzen. Das war schon bisher so, wurde aber trotzdem von vielen AutofahrerInnen ignoriert. Auch das „Drängeln“, also zu knappes Auffahren, bleibt weiterhin verboten.
STVO Neu: Fahrräder dürfen künftig nebeneinander fahren
Fahrräder dürfen künftig nebeneinander fahren. Das gilt auf jeden Fall, wenn Erwachsene in Begleitung von Kindern unter 12 Jahren unterwegs sind – für Eltern, die mit ihren Kindern unterwegs sind, bringt das eine deutliche Erleichterung. Auf Straßen mit einem Tempolimit von max 30 km/h ist auch das Nebeneinanderfahren von Erwachsenen gestattet – also praktisch in ganz Währing. Verboten bleibt es nur auf auf Schienen- und Vorrangstraßen sowie gegen die Fahrtrichtung von geöffneten Einbahnen.
Geöffnete Einbahnen: Fahrräder haben Vorfahrt
Eine Klarstellung gibt es auch was Einbahnen betrifft, die für den Fahrradverkehr geöffnet wurde – in Währing sind das aktuell fast 80% aller Einbahnen, mehr als in allen anderen Bezirken. Wenn die Straße zu eng ist, damit Fahrrad und Auto mit entsprechendem Sicherheitsabstand aneinander vorbeikommen, muss das Auto stehen bleiben um das Fahrrad passieren zu lassen.
Der ÖAMTC erklärt das auf seiner Homepage folgendermaßen: „Einbahnen sind in der Regel relativ schmal (sonst wären sie keine). Das heißt: Bei Begegnung eines Radfahrers und eines mehrspurigen Kfz kann es „eng“ werden. Ist eine Bodenmarkierung angebracht, haben die einander Begegnenden jeweils auf ihrer Seite zu bleiben. Allenfalls muss das Tempo verringert werden. Es kann aber auch sein, dass man die Markierung überrag, weil das Fahrzeug einfach breiter ist. In solchen Fällen empfiehlt es sich, bei Begegnung mit einem Radfahrer anzuhalten und damit einer Schuld an einem Unfall zu entgehen. Ist keine Bodenmarkierung angebracht, ist die geometrische Fahrbahnmitte von Bedeutung – und zwar natürlich nur von dem Teil der Fahrbahn, der aktuell zum Befahren zur Verfügung steht. Wer hier über die Mitte gerät, hat gegenüber einem Gegenverkehr Wartepflicht, wenn dieser Platz braucht.“
Freie Fahrt für Räder an Roten Ampeln
Nicht generell erlaubt wird das Rechtsabbiegen an Kreuzungen, wenn die Ampel auf Rot steht. Die neue STVO erlaubt aber, dass das an einzelnen Kreuzungen künftig möglich sein wird. Dazu muss nach der Prüfung durch die Verkehrsbehörden eine entsprechende Zusatztafel angebracht werden.
An welchen Kreuzungen das in Währing künftig möglich sein wird, ist derzeit noch offen.
Radfahrenden habe in diesen Situationen gegenüber querenden FußgängerIinnen Wartepflicht und müssen vor dem Abbiegevorgang anhalten, ähnlich wie bei einem Stop-Schild. Vorbild für diese neue Regelung ist Deutschland. In Belgien, Dänemark, Frankreich und der Schweiz hingegen ist kein Halt nötig.
Weitere Änderungen durch die 33. Novelle der Straßenverkehrsordnung finden Sie hier:
Homepage des Parlaments mit dem vollständigen Text der Novelle