Im Kreuzgassenviertel, nahe am Gürtel, ist auch das sonst recht grüne Währing dicht verbaut und betongrau – umso mehr freut man sich über die kleine grüne Insel an der Ecke Antonigasse – Hildebrandgasse: Eine ausladende Berberitzen-Hecke wächst hier im Schatten einer Blasenesche. Richtig ruhig ist es hier die meiste Zeit aber nicht, denn in der Hecke wohnt eine sehr lebhafte Kolonie von Spatzen.
Die Bezirksvorstehung Währing veröffentlicht regelmäßig das „Thema der Woche“. „Unser-Währing.at“ stellen den Platz für diese Aussendung des Bezirks gerne zur Verfügung.
Geschütztes Zuhause für Vogelkolonie
Nur jetzt, im Juli, ist es stiller: Im Sommer ziehen die Spatzen in ein anderes Quartier –außerhalb der Stadt, wo zu dieser Jahreszeit das Futterangebot größer ist. Das erzählt Manuela Martinz (Name v. d. Red. geändert), und die kennt sich aus: Seit 14 Jahren kümmert sich die engagierte Naturliebhaberin um die Spatzen. Sie versorgt sie im Winter mit Futter und, sobald es wärmer wird, mit Tränke und Vogelbad. Mittels Greifarm holt sie den Müll aus dem Gebüsch und entfernt die zahlreichen Hundstrümmerl. Die Berberitze, erzählt sie, bildet mit ihren stachelbewehrten, dichten Zweigen ein geschütztes Zuhause – gefährdet nur durch menschliche Gedanken- und Rücksichtslosigkeit.
Sorgen bereitet ihr auch, dass dieses Jahr nicht alle Spatzen auf Sommerfrische gezogen sind. Etwa ein Dutzend ist heuer erstmals in der Antonigasse verblieben. Martinz befürchtet, dass die Sommerquartiere Stück für Stück verloren gehen –Bautätigkeit und Agrarindustrie verbrauchen immer mehr Flächen und lassen immer weniger Tier- und Pflanzenarten Überlebenschancen. In Mitteleuropa ist inzwischen bei Wildtieren die Artenvielfalt in den Städten größer als im Umland.
Spatzen leben im Umfeld der Menschen
Spatzen sind sogenannte „Kulturfolger“ – seit etwa 10.000 Jahren leben sie in Gesellschaft von Menschen. Ihr Bestand geht allerdings zurück, vor allem aufgrund der Zerstörung von Lebensraum und Nistplätzen: Sanierte Häuser oder Neubauten bieten kaum Nischen oder Hohlräume, in denen sie ihre Nester bauen können. Der Haussperling ist daher in Wien mittlerweile geschützt – keiner der kleinen Vögel darf getötet werden, und auch ihre Nistplätze sind geschützt. Wenn etwa in einer Fassade Spatzen nisten, ist die Sanierung nur unter behördlichen Auflagen erlaubt.
Überlebensnotwendige Grüninseln
Auch in der Antonigasse sitzen die Spatzen nicht den ganzen Tag in der Berberitze: Zur Futtersuche müssen sie sich durch die Stadt bewegen. Manuela Martinz zeigt auf ein Futtersilo, das sehr exponiert an einem Balkon hängt: Das sei gut gemeint, und Fütterung auch prinzipiell wichtig – aber so nicht wirklich zielführend: Denn ein Spatz, der dort frisst, wäre selbst ein leicht gefundenes Fressen für Raubvögel.
Spatzen benötigen sichere Grüninseln in der Stadt: Begrünte Innenhöfe, verwachsenes Gebüsch oder auch Fassadenbegrünung bilden eine Art „Korridor“, um sich mit kurzer Flugdistanz von einem Zufluchtsort zum nächsten zu bewegen. Solche „Diversitätskorridore“ sind für Insekten, Vögel und Wildtiere in der Stadt überlebensnotwendig.
Spatzen müssen bleiben
Bezirksvorsteherin Silvia Nossek ist sich dessen bewusst: „Wir haben in den letzten Jahren in Währing über 200 neue Bäume gepflanzt, die Flächen zwischen alten Bäumen entsiegelt und begrünt und großzügige Staudenbeete angelegt. Das entspricht nicht nur dem Wunsch der Menschen nach mehr Grün, es schützt auch vor extremer Hitze und bietet Wildtieren Lebensraum.“ Auch Initiativen von Bürger*innen wie Nachbarschaftsgärten, begrünte Innenhöfe oder begartelte Baumscheiben leisten einen wichtigen Beitrag.
Und auch die Spatzen in der Antonigasse können sich bald über mehr Grün freuen: Im Zuge des Klimateam-Projekts „Antoni & Hilde“ wird die kleine Grünfläche ausgeweitet. Bei zwei offenen Planungsworkshops hatten die Anwohner*innen viele unterschiedliche Ideen für die Gestaltung ihrer Nachbarschaft – einig war man sich aber in zwei Punkten: Die Stadt braucht mehr Grün. Und die Spatzen müssen bleiben!
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Bilder: BV18