Neue Stolpersteine in Währing

Stolpersteine Währing

In Währing gibt es seit Oktober 11 neue „Stolpersteine“. Sie sollen an die Währingerinnen und Währinger erinnern, die von den Nationalsozialisten ermordet wurden. Ausgegangen ist die Initiative für die neuen Steine unter anderem von Mitgliedern der Pfarrgemeinde Weinhaus.

Bewegende Feier bei der Eröffnung der neuen Steine

Seine Mutter sei 17 gewesen, als sie aus dem Haus in der Max-Emmanuel-Straße 17 vertrieben wurde, erzählt ihr Sohn Peter Poras. Gekommen war er gemeinsam mit einer großen Gruppe von Nachfahren aus den USA und Kanada. Es sei sehr bewegend den Ort zu sehen an dem ihre Mutter mit ihrer Familie aufgewachsen ist. Und bedrückend daran zu denken, dass viele Mitglieder Familieermordet wurden. So steht es in der Rede, die Peter und sein Bruder Joe Poras bei der Eröffnung der Stolpersteine vor dem Haus gehalten haben. Gedacht wird hier ihrer Großeltern Robert und Johanna Rosen: Geboren in den Jahren 1888 bzw. 1868. Ermordet im Jahr 1942 in den Konzentrationslagern Auschwitz und Jasenovac.

Karte Deportationsopfer Währing

Mehr als 2.000 Opfer aus Währing

Die Stolpersteine werden in Wien vom Verein „Steine der Erinnerung“ organisiert. Die Aktion hat es sich zum Ziel gesetzt an die Menschen zu erinnern, die von den Nationalsozialisten deportiert und ermordet wurden. In Währing lebten im Jahr 1934 genau 5.061 Menschen, die sich bei der damaligen Volkszählung selbst als Juden bezeichneten, knapp 16 Prozent der Bevölkerung. Etwa 2.000 von ihnen dürften ermordet worden sein, schätzt Marta Keil. Die Leiterin des Institutes für jüdische Geschichte in Österreich hat im Vorjahr die Ausstellung über das Jüdische Währing gestaltet – wir haben damals darüber berichtet.

Erste Stolpersteine in Währing im Jahr 2011

Die ersten Stolpersteine in Währing wurden im Mai 2011 in der Bäckenbrünnlgasse 5 verlegt, die an Osias und Pessie Rosenkranz erinnern. Im Lauf der Jahre sind immer wieder neue Steine dazugekommen, derzeit sind es knapp drei Dutzend. Einige davon wurden von den Nachkommen der Ermordeten initiiert und bezahlt, andere von privaten Initiativen. Sieben der neuen Steine, die im Oktober angebracht wurden, gehen auf eine Aktion der Initiative „Spurensuche“ zurück, erzählt Michael Almasi-Szabo. Ihm ist besonders das Schicksal der Familie Spindel aus der Währingerstraße 184 nahegegangen: Ein Buchhalter, der mit seiner Frau und seinem kleinen Sohn nach Frankreich flüchten konnte. Von dort wurde die Familie 1942 nach Auschwitz deportiert und ermordet. Der kleine Emil Spindel wurde nicht einmal zehn Jahre alt.

Initiative „Spurensuche“

Ausgangspunkt der Initiative „Spurensuche“ war die Geschichte von Pfarrer Joseph Deckert, der den Bau der Kirche Weinhauser durchsetzte und organisierte, gleichzeitig aber ein rabiater Antisemit war. Vor gut zehn Jahren begann die Gruppe das Schicksal von vertriebenen Juden im Pfarrgebiet zu recherchieren. 2018 wurde dazu das Buch „Die wirklichen Zeugen – Lebensspuren deportierter und ermordeter jüdischer Menschen aus dem 18. Wiener Bezirk mit Schwerpunkt Weinhaus“ veröffentlicht. Darin wird die Lebensgeschichte dieser Menschen dargestellt.

Der Verein „Steine der Erinnerung“ sammelt Spenden, um neue Stolpersteine anzubringen. Auch Hausgemeinschaften können sich zusammentun, um einen gemeinsamen Stein zu setzen. Alle Informationen finden sich auf der Homepage des Vereins: steinedererinnerung.net

Ausstellung in der Weinhauser Kirche

Im Vorraum der Weinhauser Kirche erinnert derzeit eine sehenswerte Ausstellung an damaligen Opfer. Man müsse daran denken, was Menschen anderen Menschen antun können, sagt Michael Almasi-Szabo. Die meisten Opfer stammten nicht aus den Villen im Cottage sondern aus den Gemeindebauten. Viele haben keine Nachkommen hinterlassen, die der Ermordeten gedenken können. Deshalb sammelt die Initiative „Spurensache“ Spenden, um weitere Steine anzubringen. Beim Verein „Steine der Erinnerung“ gibt es außerdem die Möglichkeit, die Patenschaft für neue Steine zu übernehmen. Rund 700 Schicksale von deportierten und getöteten WähringerInnen sind derzeit vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes dokumentiert. Bedarf nach weiteren Steinen der Erinnerung gibt es also mehr als genug.

Jüdischer Widerstandskämpfer Währing

Der Verein „Steine der Erinnerung“ hat bisher zwei Broschüren über das Schicksal der Opfer aus Währing herausgegeben. Sie können auf der Homepage des Vereins heruntergeladen werden:

Broschüre Währing 1 (2019)

Broschüre Währing 2 (2022)

Bilder: Müller-Schinwald