Gemeindebau in Gersthof nach Gabriele Proft benannt

@Wiener Wohnen/Viktorik

Ab sofort trägt der Gemeindebau in der Messerschmidtgasse 33-37 in Wien Währing den Namen der ehemaligen Abgeordneten zum Nationalrat, Gabriele Proft.

Wien (OTS) –  „Als eine der ersten weiblichen Politikerinnen widmete sie ihr Leben der Gleichstellung der Frau, was damals eine ganz bemerkenswerte Leistung war.“, so Waltraud Karner-Kremser. „Mit der Benennung dieser Wohnhausanlage nach der engagierten Frauenrechtlerin wird ihr Wirken angemessen anerkennt,“ ergänzt Elisabeth Kaiser.

Aus Mähren nach Wien

Gabriele Proft (geborene Jirsa) wurde am 20. Februar 1879 in Opava (Troppau, heute in der Tschechischen Republik) in einfachen Verhältnisse geboren. Bereits als Jugendliche musste sie den Tod ihrer Mutter verkraften. Mit 17 kam sie nach Wien, wo sie als Kindermädchen, Dienstmädchen und Näherin tätig war. Bereits kurz nach ihrer Ankunft in Wien trat sie 1896 dem Arbeiter-Bildungsverein „Apollo“ bei. 1899 folgte die Hochzeit mit dem damaligen Metallarbeiter Karl Anton Proft. Der erstgeborene Sohn Karl Johann verstarb bereits kurz nach der Geburt. Ihre Tochter Hermine kam 1900 auf die Welt.

Frühes Engagement in der SPÖ

Gabriele Proft engagierte sich schon früh in der sozialdemokratischen Frauenbewegung und in der Gewerkschaft. Sie besuchte die Arbeiterschule und begann vermehrt für Zeitungen zu schreiben. Ihre Karriere als Politikerin begann mit der Funktion der Kassiererin für die Gewerkschaft der Heimarbeiterinnen. Bereits früh engagierte sich Proft in der sozialdemokratischen Frauenbewegung: Ab 1908 begann sie als erste Sekretärin des neugegründeten Frauenreichskomitees ihre politischen Anliegen nicht nur in Versammlungen, sondern auch in sozialistischen und gewerkschaftlichen Zeitschriften zu artikulieren. Damit zählte sie zu den ersten Berufspolitikerinnen der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei. Bereits 1911 gehörte sie dem Parteivorstand an.

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Gemeinsam mit Friedrich Adler war sie auch eine der stärksten Verfechterinnen einer Friedenspolitik im Ersten Weltkrieg. Nach dem Krieg gehörte sie 1918, als eine von fünf Sozialdemokratinnen, dem provisorischen Gemeinderat der Stadt Wien an. Gabriele Proft kandidierte für die Sozialdemokratische Arbeiterpartei im 18. Bezirk und war von 1919 bis 1920 Mitglied des Gemeinderates der Stadt Wien, von 1920 bis 1923 Abgeordnete zum Wiener Landtag und Mitglied des Gemeinderates der Stadt Wien.

Die Wohnhausanlage im 18. Wiener Gemeindebezirk wurde nach den Plänen des oberösterreichischen Architekten Wilhelm Peterle zwischen 1933 und 1934 erbaut. Sie besteht aus insgesamt drei Trakten und umfasst insgesamt 131 Wohnungen, die sich auf zehn Stiegen verteilen. In der Gegend der Wohnhausanlage wurden in den späten 1920er- und frühen 1930er-Jahren mehrere kleine und mittelgroße Gemeindebauten errichtet, so dass auch Bevölkerungsgruppen, für die das bis dahin kaum möglich war, in Grünruhelage leben konnten.

In der Wohnhausanlage wurde in den Jahren 2006 bis 2008 eine Sockelsanierung durchgeführt. Neben der Neudeckung des Daches umfassten die Arbeiten auch die Erneuerung der Fenster und Türen, und die Fassade wurde mit einem Wärmedämmverbundsystem versehen. Außerdem wurde der Gemeindebau an die Fernwärme Wien angeschlossen und der Spielplatz instandgesetzt.

Inhaftierung während des Austro-Faschismus

Vom austrofaschistischen Dollfuß-Regime wurde sie nach den Februarkämpfen bis Dezember 1934 inhaftiert. Auch im Zweiten Weltkrieg wurde sie stets beobachtet und verfolgt, schließlich mehrere Monate sogar im Arbeitserziehungslager Oberlanzendorf interniert, wo sie das Kriegsende erlebte.

Nach dem Zweiten Weltkrieg war Gabriele Proft bis 1953 wieder Nationalratsabgeordnete, bis 1959 stellvertretende Parteivorsitzende der SPÖ und Vorsitzende der SPÖ-Frauen. In allen Funktionen engagierte sie sich für die Gleichstellung der Frauen in sämtlichen Lebensbereichen, für die Modernisierung des Familien- und Eherechts und für eine Reform des Strafrechts. Viele ihrer Forderungen wurden in den 1970er-Jahren umgesetzt.

Gabriele Proft starb am 6. April 1971 mit 92 Jahren in Bad Ischl.

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Die offizielle Namensgebung fand durch Gemeinderätin und Ausschussvorsitzende für Wohnen, Wohnbau, Stadterneuerung und Frauen, Waltraud Karner-Kremser, Bezirksvorsteherin Silvia Nossek und Bezirksrätin Elisabeth Kaiser statt.

„Wenn wir davon reden, dass wir Frauen heute auf starken Schultern stehen, dann gehören zwei davon ohne Zweifel Gabriele Proft. Ihr Mut und ihr Durchhaltevermögen im Kampf um Menschlichkeit und für die Rechte der Frauen sind immer noch und immer wieder Auftrag und Inspiration,“ so Frau Bezirksvorsteherin Silvia Nossek.


Bilder: Wiener Wohnen/Viktorik