Führungswechsel bei Währinger Grünen und ÖVP

Raphaela Veit, Oliver Möllner (c) Elisabeth Blum, VolksparteiWien/Garima Smesnik
Raphaela Veit, Oliver Möllner (c) Elisabeth Blum, VolksparteiWien/Garima Smesnik

Die beiden größten Parteien im Bezirk stellen sich mit einem Führungswechsel neu auf. Bei den Grünen wird Raphaela Veit neue Clubvorsitzende, bei der ÖVP übernimmt Oliver Möllner den Parteivorsitz.

Weichenstellung vor der nächsten Wahl

Zwei Jahr sind es noch bis zum nächsten regulären Termin des Wiener Gemeinderates und damit auch der Bezirksvertretungen. Die Personalwechsel bei den beiden größten Parteien im Bezirk stellen damit schon eine Art Weichenstellung dar. Am klarsten ist das bei der ÖVP, bei der Oliver Möllner als Parteivorsitzender antritt um den ehemals „schwarzen“ Bezirk für die ÖVP zurückzuerobern. Bei denen Grünen übernimmt Raphaela Veit den Chefposten des Clubs im Bezirksparlament, ein Posten bei dem inhaltlich und organisatorisch viele Fäden zusammenlaufen. Die Grünen sind aktuell die mit Abstand stärkste Partei, gefolgt von der ÖVP, SPÖ, NEOS und FPÖ.


Raphaela Veit (c) Elisabeth Blum

Raphaela Veit folgt auf Marcel Kneuer

Als Marcel Kneuer vor dem Sommer seinen Rückzug als Clubvorsitzender bekannt gab, war klar dass damit eine Ära zu Ende geht. Kneuer ist seit 25 Jahren in der Bezirkspolitik aktiv. Er war wesentlich daran beteiligt dass die Währinger Grünen im Jahr 2015 stärkste Partei wurden und ihren Vorsprung 2020 weiter ausbauen konnten. Er wird auch weiterhin als einfacher Abgeordneter im Bezirksparlament vertreten sein. Seine Nachfolgerin Raphaela Veit ist alles andere als eine unbekanntes Gesicht, sie ist seit dreizehn Jahren gewählte Bezirkrätin.

Währing soll grüner und lebenswerter werden

Die gebürtige Welserin, Jahrgang 1983, wohnt seit 2007 in Währing und arbeitet als Elementarpädagogin. Im Bezirksparlament ist sie derzeit Vorsitzende der Bezirksentwicklungskommission und sitzt damit an einer wichtigen Schnittstelle für große Projekte zur Umgestaltung des Bezirks. Von 2015 bis 2020 war sie Vorsitzende des Umweltausschusses und federführend an der Einführung mehrere Gemeinschaftsgärten beteiligt, außerdem ist der Bezirk damals dem Klimabündnis beigetreten. Ihr Lieblingsplatz im Bezirk ist der Pötzleinsdorfer Schlosspark, auch weil es dort Spielplätze für die beiden kleinen Kinder gibt. Ihr Mann Jakob Veit ist ebenfalls bei den Grünen im Bezirk aktiv

Vorsitzende der größten Fraktion im Bezirksparlament

In ihrer neuen Funktion möchte sie dafür sorgen dass Währing noch kinderfreundlicher und grüner wird, heißt es in einer Aussendung zu ihrer Wahl. Als Clubvorsitzende wird sie zwischen Bezirksvorsteherin Silvia Nossek und der grünen Fraktion vermitteln. Einigen Abgeordneten geht der pragmatische Kurs der Bezirksvorsteherin zu wenig weit, sie wünschen sich mehr und raschere Maßnahmen um den Verkehr zu beruhigen und den Fahrradverkehr zu stärken. Unruhe hat es während der Pandemie gegeben, als ein Währinger Bezirksrat in einem offenen Brief den Kurs der Grünen öffentlich in Frage stellte. Insgesamt übernimmt Raphaela Veit ein breit aufgestelltes Team, das im Vergleich zu den anderen Fraktionen aber nur wenig eigene Initiativen im Bezirksrat setzt – die eigentliche Umsetzung erledigt ohnehin die grüne Bezirksvorsteherin.

Oliver Möllner, VolksparteiWien/Garima Smesnik

Möllner übernimmt von Schreiber

Ungleich schwieriger ist das Erbe, das Oliver Möllner antritt. Er wurde im September beim Bezirks-Parteitag der ÖVP zum neuen Vorsitzenden gewählt. Unter seinem Vorgänger Johannes Schreiber hat die Volkspartei im Bezirk bei der letzten Wahl eine deutliche Niederlage eingefahren. Bis 2015 galt Währing als konservative Hochburg, legendär ist der Begriff der „Währinger und Döblinger Regimenter“, die die Wiener Volkspartei immer wieder retten würden. Doch 2015 konnten die Grünen sie knapp überholen. Der Vorsprung von 200 Stimmen bedeutete den Verlust der Bezirksvorstehung. Noch drastischer war die Niederlage bei der Wahl 2020: Der Vorsprung der Grünen wuchs von 200 auf fast 3.000 Stimmen – von der erhofften Rückeroberung des Bezirks konnte keine Rede sein. Die damalige Spitzenkandidatin Kasia Greco nahm ihr Mandat im Bezirksparlament gar nicht erst an.

Ein ÖVP-Mandatar spring ab

Nach der Wahlniederlage ging es gleich weiter bergab. Im Dezember 2020 verließ der frühere Clubobmann Kurt Weber die Partei, behielt aber sein Mandat im Bezirksparlament. Er sei mit den Personalentscheidungen nicht einverstanden, erklärte Weber damals im Gespräch mit Unser Währing.at. Zur Clubobfrau wurde die Unternehmerin Beate Marx gewählt, Oliver Möllner wurde Bezirksvorsteherin-Stellvertreter – dieser Posten steht laut Geschäftsordnung der zweitstärksten Partei zu. Tatsächliche Gestaltungsmöglichkeiten hat der Stellvertreter nur, wenn es Einvernehmen mit der Bezirksvorsteherin gibt, die ihm Aufgaben dann entsprechende Aufgaben übertragen kann. Von einem solchen Einvernehmen sind die beiden Parteien aber weit entfernt.

Angriffige Oppositionspolitik

Im Bezirksparlament lieferten sich die Abgeordneten der ÖVP immer wieder heftige Wortgefechte mit den Grünen. Als schweren Vertrauensbruch werteten dann alle anderen Fraktionen einen Vorstoß der ÖVP zum Aumannplatz. Die Partei startete im Herbst 2021 öffentlichkeitswirksam eine Befragung zur künftigen Gestaltung des Platzes, obwohl das Bezirksparlament davor eine gemeinsame Erhebung beschlossen hatte. Die Gesprächsbasis mit der ÖVP sei zerstört, eine vertrauensvolle Zusammenarbeit kaum vorstellbar, hieß es damals von SPÖ und NEOS. Ein Ergebnis der von der ÖVP initiierten Befragung zum Aumannplatz liegt übrigens bis heute nicht vor.

Für weitere Eskalation sorgte später ein Inserat der Volkspartei, in dem allen anderen Fraktionen pauschal vorgeworfen wurde „Geld zu verbrennen“. Sowohl SPÖ und NEOS können darauf verweisen, dass einige ihrer Vorschläge in den letzten drei Jahren tatsächlich realisiert wurden. Die ÖVP als zweitstärkste Partei hat bisher hingegen praktisch kein einziges Anliegen umsetzen können.

ÖVP will mehr Bürgernähe

Dass die ÖVP eine reine Autofahrerpartei sei, hat Oliver Möllner im Gespräch mit Unser Währing.at vor zwei Jahren heftig in Abrede gestellt. Er lebt seit neun Jahren in Währing, arbeitet bei der Bundesimmobiliengesellschaft BIG und ist dort für Schulbauten zuständig. Möllner engagiert sich in der Caritas und hat während der Pandemie mit Freunden die Organisation „Währing hilft“ gegründet. In die Politik ist er schon in der Schler-Vertretung gerutscht, später war er Chef der Jungen Volkspartei im Bezirk. In einer Aussendung nach der Wahl heißt es, dass er sich vor allem um vier Themenbereiche kümmern will: Bürgernähe , Mobilität, Bildung und Wirtschaft. Das Ziel sei es, engen Kontakt zur Währinger Bevölkerung zu halten und ihre Interessen direkt zu vertreten. Im Bildungsbereich will die ÖVP ausreichend Kindergartenplätze sicherstellen und die Schulen mit moderner Infrastruktur ausstatten. Zudem strebt sie eine verbesserte Nahversorgung durch gestärkte Märkte und die Förderung der Währinger Wirtschaft an, heißt es in der Aussendung. Ob das reicht, um den Posten des Bezirksvorstehers zurückzuerobern, werden die kommenden Wahlen zeigen, die voraussichtlich 2025 stattfinden werden.

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19.1.2023: Bezirksparlament beschließt Finanzierung für Kutschkermarkt

29.3.2021: NEOS – Mit Pragmatismus Spaß für ein schöneres Währing

23.3.2021: SPÖ Währing setzt auf neuen Stil

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Photos: Elisabeth Blum, Wiener Volkspartei/Garima Smesnik