Wissen Sie, woher die Paprika, die Butter und die Erdäpfel in Ihrer Küche kommen? Wer sie produziert hat? Und welchen Weg sie hinter sich haben, bis sie im Supermarktregal ihren Platz finden? Die Mitglieder von FoodCoops wissen, wer die Lebensmittel produziert hat, die sie täglich genießen.
Bioparadeis – Die erste FoodCoop Österreichs
Eine FoodCoop ist eine Lebensmittelkooperative, also ein Zusammenschluss an Personen, die große Mengen an Lebensmittel direkt von den ProduzentInnen beziehen. Als Verein organisiert, bilden die Mitglieder in der Regel eine Einkaufs- und Lagergemeinschaft. Ein solches gemeinsames Lager liegt im 18. Wiener Gemeindebezirk. In einem kleinen unscheinbarem Tiefparterre in der Bäckenbrünnlgasse 9, befindet sich die FoodCoop Bioparadeis: die erste FoodCoop Österreichs. 2006 wurde die FoodCoop von Studierenden gegründet. Auf der Grundlage ein regionales, saisonales und faires Versorgungssystem zu schaffen, werden die Lebensmittel der FoodCoop großteils von kleinbäuerlichen Betrieben aus Wien und Umgebung beschafft.
Lebensmittel direkt von den ProduzentInnen
Im charmanten Vereinslokal schmückt eine selbstgemalte Österreich-Karte mit Steckbriefen der ProduzentInnen die Wand. Hierhin werden die Lebensmittel geliefert und von den Mitgliedern abgeholt. Einmal die Woche wird bestellt. Die gesamte Organisation übernehmen die Mitglieder selbst: Einkauf, Finanzen, Raumgestaltung sind in Arbeitskreisen strukturiert. Jede:r kann dabei den Arbeitskreis wählen, der zu einem passt.
Derzeit 50 Mitglieder
Derzeit hat die FoodCoop Bioparadeis knapp 50 Mitglieder für 36 Bestellgruppen. Einmal pro Monat gibt es ein Plenum, bei dem Mitglieder neue Ideen einbringen und mögliche neue Produzent:innen vorstellen können. Ein bis zwei Mal pro Jahr gibt es eine Klausur, bei der größere Themen besprochen werden. „Eine FoodCoop ist kein Bioladen, sondern ein Verein. Und der lebt, wie jeder Verein, von der Gemeinschaft und dem Engagement der Mitglieder“ erzählt Barbara. Die FoodCoop ist basisdemokratisch strukturiert: bei welchen Produzent:innen bestellt wird, wird in der Gruppe entschieden. Und: die FoodCoop Bioparadeis sucht neue Mitglieder!
Wer engagiert sich bei der FoodCoop?
Wer sind diese Leute, die bei einer FoodCoop mitmachen? Alter, Gender und Beruf sind sehr durchgemischt. Eine Bestellgruppe der FoodCoop Bioparadeis ist z.B. auch eine 6er WG, die sämtliche Hauptnahrungsmittel von der FoodCoop bezieht. Wo sich die Mitglieder einig sind: es sind Leute, die gerne kochen, essen, und sich mit Lebensmitteln beschäftigen. „Ansonsten macht man sich den Aufwand nicht“, erklärt Martina, eine Bioparadeiserin. Ein wichtiger Teil der FoodCoop ist der direkte Kontakt zwischen Konsument:innen und Produzent:innen. Bei einer „Speisereise“ fahren Mitglieder der FoodCoop Bioparadeis zum Beispiel direkt zu den Bäuerinnen und Bauern auf den Hof, um den Betrieb und die Produzent:innen persönlich kennenzulernen.
FoodCoop international
Mittlerweile gibt es in Österreich über 100 FoodCoops. Wegen dem großen Interesse an einem alternativen Lebensmittelsystem, hat sich 2017 die Interessensgemeinschaft „IG FoodCoops“ gegründet. In anderen Ländern, wie den USA oder Deutschland, haben sich Lebensmittelkooperativen schon viel früher entwickelt. Schon seit 1988 gibt es in Deutschland die Bundes AG der Lebensmittelkooperativen, während in Österreich erst fast 20 Jahre später die erste FoodCoop überhaupt gegründet wurde.
Die IG FoodCoops ist dazu da, um die Arbeit der FoodCoops zu erleichtern, Vernetzung und Austausch zwischen den Vereinen zu fördern und Knowhow zu bündeln. Sie stellt z.B. auch die IT-Infrastruktur für die Bestellung zur Verfügung und steht den FoodCoops auch für Neugründungen beratend zur Seite. Ziel der IG FoodCoops ist die Förderung von biologisch-ökologischer Landwirtschaft, vor allem auch von kleineren Betrieben. Es geht um ressourcenschonende Produktion, Transport und Verteilung von Lebensmitteln.
Wozu FoodCoops?
Matze holt gerade die Bestellung für seine WG. Er packt ein paar Rüben in den Wanderrucksack und streicht sich von der Bestellliste. Was er gut an der FoodCoop findet: die Regionalität und Qualität der Produkte. „Dass man weiß, wer der Erzeuger ist und wo das alles herkommt“ erzählt Matze „und dann das Bewusste und das Konzept der Saisonalität. Was jetzt im Januar zum Beispiel in Österreich eigentlich wächst.“. Aber es geht den Mitgliedern nicht nur darum biologisch-ökologisch zu konsumieren, sondern die Lebensmittelversorgung selbst in die Hand zu nehmen.
Ernährungssouveränität und KleinbäurInnen
Mitglieder der FoodCoops definieren selbst, bei welchen Produzent:innen sie kaufen und nach welchen Kriterien diese ausgewählt werden. Stichwort: Ernährungssouveränität. Ernährungssouveränität bedeutet, über Produktion, Verteilung und Konsum von Lebensmitteln selbst bestimmen zu können. Das Konzept wurde von „La Via Campesina“, einer weltweiten Organisation von KleinbäuerInnen geprägt.
Der Grundgedanke: Lebensmittel sind keine Ware wie jede andere. Und jeder Mensch hat das Recht auf ausreichende und gesunde Ernährung. Dabei bleiben Wörter wie „bio“, „fairtrade“ und „regional“ keine Werbeetiketten, sondern bilden die Grundlage eines nicht-kommerzialisierten Lebensmittelsystems. Die Idee der FoodCoops ist also nicht nur ein bewusster ökologischer Konsum, sondern ein Strukturwandel in unserem Versorgungssystem.
Info-Abend bei FoodCoop Bioparadeis am 19.3.2024
Beim Bioparadeis finden regelmäßig Informationsabende für InteressentInnen statt. Der nächste ist am 19. März 2024 um 19.00 Uhr. Alle Informationen dazu finden Sie in unserem Veranstaltungskalender.
Adresse:
Bäckenbrünnlgasse 9, 1180 Wien
mail: info(a)bioparadeis.fcoop.at
https://www.bioparadeis.org/
Mehr zu fairen Lebensmitteln in Währing
Das Lazy: Genuss ohne tierische Produkte
Photos: Magdalena Bauer