Fassadenkunst erzählt über die Geschichte von Währing

Fassadenkunst Währing (a) Simon Weiss

Fassadenkunst erzählt oft über die lokale Geschichte. So manches erinnert dabei an die NS-Zeit, aber nicht nur. Eine Tour durch Währing, Hernals und Döbling.

Diese Artikel ist im Rahmen der Lehrveranstaltung „Bootcamp Onlinejournalismus“ an der Fachhochschule der WIrtschaftskammer Wien entstanden.

Gemeindebau aus der Ära des „Roten Wien“

Geht man die Messerschmidtgasse in Wien Währing entlang, fällt auf den ersten Blick nichts Außergewöhnliches auf. Ältere und neuere Wohnbauten reihen sich aneinander. Manche prunkvoller als andere. Womöglich sticht einem aber die Hausnummer 33-37 mehr ins Auge.

Der Gemeindebau aus 1934 entstand als einer der letzten des Roten Wiens. Und wie an einigen Fassaden der Stadt, findet man auch hier ein Relief über dem Eingangstor. Es trägt den Namen „Knaben mit Tieren“. Und genau das zeigt es auch: Jeweils einen Buben links und rechts über dem Eingang. An das Bein des linken schmiegt sich ein Hund. An jenes des rechten eine Katze. Einen ideologischen Hintergrund hat es nicht, wenngleich es zu Beginn des Austrofaschismus entstand. Es könnte sich dabei aber um eine Referenz zu einer alten Wiener Legende handeln. Um welche konkret ist nicht bekannt.

Die wenigen Passanten haben zu dem Kunstwerk keine großartige Meinung. „Darüber habe ich ehrlich gesagt noch nie nachgedacht“, hört man da beispielsweise von einer Person, die in der Nähe wohne. Einem jüngeren Herrn, der es zum ersten Mal sehe, gefalle es allerdings gut. „Der Eingang wäre ohne die Verzierung langweiliger“, sagt er.

Faschistische Zeichen als Teil der Fassadenkunst?

Dass Fassadenkunst oft unbeachtet bleibt, möchte der Verein Reumannplatz ändern. Sein Projekt „Zeichen der Zeit“ klärt über die Hintergründe der Reliefs und Statuen auf. Dabei handelt es sich um einen Audioguide mit 39 Stationen quer durch die Stadt. Auf einem downloadbaren Plan sind die verschiedenen Punkte eingezeichnet und mit QR-Codes versehen. Scannt man diese mit seinem Smartphone, gelangt man zum jeweiligen Audioguide.

Tierkreiszeichen (a) Simon Weiss

Und dieser führt auch in den 19. Bezirk. Während die Fassadenkunst in der Messerschmidtgasse laut Audioguide vor allem der Zierde diente, findet sich hier ein einschlägigeres Relief. Über dem Haupteingang des Ella-Briggs-Hof, Philippovichgasse 6-10, prangen die zwölf Tierkreiszeichen, ein Symbol aus der Astrologie. Die zwölf Tierkreiszeichen sind nach den Sternbildern benannt.

Lokale Geschichtsbücher an den Wänden

Künstlerin Christa Vogelmayer brachte es 1939 dort an, erzählt der Audioguide. Die Nazi-Elite konnte diversen Okkulten viel abgewinnen, wie auch Adolf Hitler selbst. Und Hitlers Stellvertreter in der Parteileitung, Rudolf Heß, begeisterte sich insbesondere für Astrologie. Ob das Relief tatsächlich als Referenz zum Okkultismus im Nationalsozialismus zu verstehen ist, ist nicht bestätigt. Angesichts der Zeit, in der es entstanden ist, ist diese Konnotation jedoch nicht auszuschließen.

Relief-Weinlese (a) Simon Weiss

Anders wiederum ist es in der Weidmanngasse 14 in Wien Hernals. Das hier zwischen 1937 und 1938 entstandene Relief „Weinlese“ ist eng mit der Geschichte des Ortes verknüpft. Eine Frauenfigur wird mit Gaben beschenkt. Musikanten spielen dazu auf. Ähren, Weinreben, Blumen und Gräser umgeben die Gruppe. In der Umgebung der Weidmanngasse befanden sich schließlich einst Weinberge. Heute erzählt nur noch die Kunst davon.

Auch weitere Fassadenkunst im 17. Wiener Gemeindebezirk handelt von lokaler Geschichte. Etwa die Figur „Der Feuerwehrmann“ in der Taubergasse 1-3. Zu sehen ist – wie der Name vermuten lässt – ein Feuerwehrmann, der schützend seine Hände um ein Haus schließt.

Feuerwehrmann (a) Simon Weiss

In unmittelbarer Nähe des Wohnbaus befand sich damals schon die Hernalser Feuerwehrzentrale. Im zweiten Weltkrieg wurde sie zerstört, von 1954 bis 1956 wiederaufgebaut.Wem das Kunstwerk zuzuschreiben ist, ist nicht bekannt. Vermutungen schließen auf den Bildhauer Alfred Hofmann, lässt der Audioguide wissen.

Tatsächlich sind die meisten Reliefs und Kunstwerke, die während des Austrofaschismus entstanden, nicht zwangsweise ideologisch behaftet. Jene aus der Zeit des Nationalsozialismus erzählen hingegen eine andere Geschichte.

Insgesamt steckt jedenfalls oft mehr hinter der Kunst an Wiener Hausfassaden, als auf den ersten Blick ersichtlich ist. Der Audioguide „Zeichen der Zeit“ gibt Aufschluss darüber. Bei Interesse kann er unter https://wien1938-45.at/zeichen-der-zeit-de/ aufgerufen werden.

Text & Fotos: Simon Weiß