Ein Jahr nach der Wahl: Harmonie mit Zwischentönen

Fassade des Amtshauses zentral

Vor einem Jahr trat die Bezirksvertretung das erste Mal nach der Wahl zusammen. Die stärkste und dominierende Partei sind die Grünen. Die anderen drei Fraktionen gehen damit sehr unterschiedlich um. „Unser Währing“ hat mit MandatarInnen aller Fraktionen gesprochen und zieht eine erste Bilanz.

Opposition stellt sich nach Wahlsieg der Grünen neu auf

Die letzten beiden Jahren vor der Wahl waren in Währing von massiven Streitigkeiten zwischen den Parteien geprägt. Die ÖVP hoffte, den verlorenen Posten des Bezirksvorstehers zurückzugewinnen. Bei der SPÖ stand der damalige Clubchef Andreas Höferl unter massivem innerparteilichen Druck und versuchte das durch eine aggressive Politik gegenüber den Grünen auszugleichen. Und die NEOS fürchteten, bei diesem Streit unter die Räder zu kommen.

Der deutliche Sieg der Grünen und Silvia Nossek führte bei den anderen Parteien zu personellen Änderungen und zu einem Umdenken, wenn auch mit sehr unterschiedlichem Ergebnis: SPÖ und NEOS setzen auf Kooperation und haben dadurch bereits nach dem ersten Jahr einiges vorzuweisen. Die ÖVP setzt hingegen weiter auf volle Konfrontation und hat sich damit von den Möglichkeiten einer aktiven Mitgestaltung weitgehend abgemeldet.

Positiv, wertschätzend, konstruktiv

„Unser Währing“ hat in den letzten Monaten mit vielen VertreterInnen aller Fraktionen in der Bezirksvertretung Gespräche geführt. Am deutlichsten ist das Umdenken bei der SPÖ. Nachdem der Streit um das Gersthofer Platzl zu Ende gegangen ist, setzt der neue Clubchef Michael Trinko auf einen konstruktiven Dialog mit der grünen Bezirksvorstehung. Man müsse nicht in allen Fragen einer Meinung sein aber versuchen, gemeinsam für den Bezirk zu arbeiten. Das gleiche gilt für die NEOS: Der frühere Clubchef Wilfried Lepuschitz galt schon in der letzten Periode als sachorientierter und verlässlicher Ansprechpartner, das gilt auch für seinen Nachfolger als Clubchef Johannes Mühlbacher.

Fragt man bei MandatarInnen der drei Fraktionen und in der Bezirksvertretung nach, kommen von allen Seiten ähnliche Rückmeldungen. Der Umgang sei professionell, sachorientiert, positiv, wertschätzend und konstruktiv.

Erste Bilanz: SPÖ und NEOS konnten bereits Dinge erreichen

Das hat sich für die beiden kleineren Parteien auch schon ausgezahlt. Die Wiener Stadtverfassung gibt den BezirksvorsteherInnen sehr viel Macht. Die Parteien im Bezirksparlament können zwar Beschlüsse fassen und manche Dinge verhindern. Ohne oder gegen die Bezirksvorstehung können sie aber überhaupt nichts umsetzen – das funktioniert nur durch Zusammenarbeit und die Suche nach Kompromissen. Die SPÖ Währing hat bei einer Reihe von Sachfragen bereits ihre Spuren hinterlassen. Das reicht von scheinbaren Kleinigkeiten wie neuen Hundekot-Sackerln bis zum größten neuen Projekt im Bezirk: Der Sanierung der Pötzleinsdorfer Allee. Das gleiche gilt für die NEOS. Mit dem Umbau des Gersthofer Platzls haben die Liberalen eines ihrer zentralen Wahlversprechen erfüllen können. Auch die neue Pötzleinsdorfer Allee ist ein großes Plus auf der Habenseite der NEOS. Und die gute Zusammenarbeit von SPÖ, NEOS und Grünen lässt erwarten, dass in den kommenden Jahren noch weitere erfolgreiche Projekte entstehen werden.

ÖVP weiter auf Konfrontationskurs

Einen anderen Schluss aus dem Wahlergebnis hat die ÖVP im Bezirk gezogen. Spitzenkandidatin Kasia Greco hat erst gar nicht die Mühe auf sich genommen, das Mandat in der Bezirksvertretung anzunehmen, sie sitzt stattdessen im Gemeinderat. Der bisherige Clubchef Kurt Weber ist aus der Partei ausgetreten, weil er sich von der neuen Mannschaft an den Rand gedrängt fühlt. Die neue Führung besteht aus Clubchefin Beate Marx, Parteichef Johannes Schreiber und Oliver Möllner, zweiter Stellvertreter der Bezirksvorsteherin (die Funktion steht traditionell der zweitstärksten Fraktion zu). Durch eine ganze Reihe kleiner und größerer Aktionen haben sie die Gesprächskanäle zu den anderen Fraktionen weitgehend zugeschüttet.

Zankapfel Aumannplatz

Es gebe keine Handschlagqualität, heißt es von MandatarInnen der anderen Parteien, man könne sich nicht darauf verlassen, dass Abmachungen eingehalten werden. Noch mehr: Man könne sich nicht einmal sicher sein, dass Behauptungen in den Anträgen überhaupt der Wahrheit entsprechen. Anträge in der Bezirksvertretung würden nur gestellt, um dann – aus dem Zusammenhang gerissen – als Inserat in der Bezirkszeitung zu landen. Für großen Ärger bei den anderen Parteien sorgt auch das Vorgehen beim Aumannplatz. In der Bezirksentwicklungskommission hätten man sich darauf geeinigt, den Umbau überparteilich anzugehen, hört man von den anderen Fraktionen. Parteipolitik sollte bei diesem Projekt keine Rolle spielen. Dass die ÖVP alleine vorgeprescht sei, sehen die anderen als schweren Vertrauensbruch. Die ÖVP will davon nichts wissen. Man arbeite eben für die Menschen im Bezirk und stelle dabei keine parteipolitischen Überlegungen an, sagt ein Vertreter der Partei gegenüber „Unser Währing“. Ob die ÖVP auf diesem Weg Mehrheiten finden kann, sei dahingestellt.

Die nächste Sitzung der Bezirksvertretung findet am 16.12.2021 um 16.30 statt.

Livestream: https://www.wien.gv.at/bezirke/waehring/politik/stream.html

FPÖ ist in Währinger Bezirkspolitik bedeutungslos

Die FPÖ hat seit er der letzten Wahl nur mehr einen Mandatar im Bezirksparlament. Sie ist damit in den wichtigen Kommissionen und Ausschüssen nicht mehr vertreten, in denen die Entscheidungen der Bezirksvertretung vorbereitet werden. Lothar Planner galt in der Vergangenheit als sachorientierter Bezirkspolitiker. Über die Bundespolitik habe man mit ihm nicht reden müssen, bei Dingen wie Zebrastreifen oder anderen Sachfragen habe man sich aber einigen können, heißt es. Das habe sich inzwischen fundamental geändert. In der Bezirksvertretung meldet er sich zwar fleißig zu Wort. Abgeordnete aller anderen Fraktionen haben seine Wortmeldungen unter anderem als homophob verstanden und verurteilt – das sorge nicht dafür, ihm in Sachfragen entgegenzukommen.