Die Bezirke haben ihn Wien nur relativ geringe Kompetenzen. Wer im Wahlkampf Dinge verspricht, für die die Bezirke nicht zuständig sind, betreibt daher Wählertäuschung. Bezirkspolitik ist kein Wunschkonzert. In einigen Bereichen können die Bezirkspolitiker aber doch einiges mitentschieden.
Keine perfekte Demokratie auf Bezirksebene
Österreich ist eine Demokratie, das Recht geht vom Volk aus, so steht es in der Bundesverfassung. Das Bundesland Wien ist aber das Gegenteil einer perfekten Basisdemokratie, gerade auf der Ebene der Bezirke. Die meisten wichtigen Entscheidungen werden auf Landesebene getroffen. Die Bezirke haben dabei nur sogenannte „Mitwirkungs-, Anhörungs- und Informationsrechte“. Sie können also Stellungnahmen abgeben und Entscheidungen der Stadt beeinflussen, aber nur in sehr wenigen Bereichen selbst entscheiden oder gar etwas verhindern. Die Umsetzung der politischen Entscheidungen liegt dann beim Magistrat und den städtischen Unternehmen. Das geht so weit dass einige PolitikerInnen in Wien scherzen, die Stadt werde eigentlich von den Wiener Linien und dem Magistratsabteilungen regiert.
Bezirksvorsteherin als oberste Bürgerin des Bezirks
Die Bezirksvorsteherin und das Bezirksparlament können dem Magistrat bei der Erfüllung seiner Aufgaben keine Anweisungen erteilen. Anträge im Bezirksparlament beginnen deshalb auch meist mit Formulierungen wie „Die zuständige Magistratsabteilung wird gebeten zu prüfen…“. Ist die Prüfung negativ, kann auch eine Mehrheit in der Bezirksvertretung dagegen wenig bis gar nichts ausrichten. Und zu Bereichen, in denen die Bezirke keine eigenen Kompetenzen haben, gibt es auch strenge Regeln, ob überhaupt entsprechende Anträge gestellt werden dürfen oder laut Geschäftsordnung abzuweisen sind.

Mit etwas politischem Geschick können Bezirksvorsteher aber mehr umsetzen als am Papier steht: Sie können sich als Obleute der BürgerInnen für deren Interessen einsetzen und auf informeller Ebene versuchen Lösungen zu finden und zu vermitteln. Sie können auch erreichen, dass die Stadt bestimmte Projekte in manchen Bezirken früher als in anderen umsetzt – ein Beispiel dafür wäre die Neugestaltung der Schulgasse.
Und in seltenen Fällen kann der Bezirk auch selber Finanzmittel einwerben und eigene Projekte gestalten. In Währing war das zum Beispiel der Umbau des Johann-Nepomuk-Vogl-Platz, der großteils mit Fördermitteln der EU gebaut wurde.

Gestaltungsmöglichkeit vor allem im öffentlichen Raum
Am sichtbarsten sind die Möglichkeiten der Bezirke bei der Gestaltung des öffentlichen Raums. Das betrifft die Spielplätze und Grünanlagen, das sogenannte „Straßenbegleitgrün“ und die Gestaltung von Fahrbahnen, Parkspuren und Gehwegen. Daszu gehören auch Bodenmarkierungen oder Verkehrszeichen – wobei auch diese Arbeiten nicht direkt von MitarbeiterInnen des Bezirks erledigt werden sondern von den zuständigen Magistratsabteilungen.
Gestaltungsmöglichkeiten gibt es auch durch gezielte Kulturförderungen – in Währing etwa durch das Kunstfest – oder durch öffentliche Kampagnen zur Information der Bevölkerung.
Viele Entscheidungen sind fix vorgegeben
Für viele Themen sind die Bezirke zwar prinzipiell zuständig, haben dort aber praktisch keinen Gestaltungsspielraum. Das betrifft vor allem die Erhaltung der Pflichtschulen. Renovierungen und Bauarbeiten sind sehr teuer und verbrauchen einen großen Teil des Bezirksbudgets. Ob Schulen renoviert werden müssen oder nicht, hängt aber vom Zustand der Gebäude ab und ist keine politische Entscheidung. Das gleiche gilt für den Straßenbau, der einen weiteren großen Teil des Bezirksbudgets beansprucht, bei dem es aber nur wenig Handlungsspielraum gibt weil die Gestaltung der Straßen durch viele bundes- und landesweite Regelungen fix vorbestimmt sind.
Bereiche, für die die Bezirke selber zuständig sind
Laut der Wiener Stadtverfassung sind die Bezirke für folgende Bereiche zuständig. Das bedeutet auch, dass sie für alle anderen Bereiche NICHT zuständig sind. Wünsche von Bezirkspolitikern außerhalb der Kompetenzbereiche haben daher den gleichen Werte wie Briefe an den Weihnachtsmann.
- Instandhaltung und Betrieb von städtischen Kindergärten und Pflichtschulen
- Instandhaltung und Planung von Straßen, u.a. Beleuchtung, Verkehrszeichen, Radwege (ausgenommen Hautptradwege), Straßenbegleitbegrünung.
- Instandhaltung und Planung von Grünanlagen
- Führung von PensionistInnenclubs bzw. Seniorentreffs
- Bauliche Instandhaltung des Amtshauses
- Instandhaltung der Märkte
- Außerschulische Jugend- und Kinderbetreuung
- Instandhaltung und Planung von öffentlichen Bedürfnisanstalten
- Kulturangelegenheiten und Städtische Musikschulen
- Öffentlichkeitsarbeit im Sinne des Bezirks
- Erhaltung und Betrieb städtischer Saunen und Familienbäder
- Gegebenenfalls Winterdienst und Schneeräumung auf Fahrbahnen, Fußgängerübergänge und Nebenstraßen
Bereiche, in denen die Bezirke informiert und angehört werden müssen
Laut der Stadtverfassung haben die Bezirke außerdem das Recht, über einige einigen Bereichen informiert zu werden und können entsprechende Stellungnahmen abgeben. Mitentscheiden können sie in diesen Bereichen allerdings nicht, es können also auch Entscheidungen gegen den Willen der Mehrheit im Bezirksparlament getroffen werden. Das betrifft unter anderem Stadtentwicklungskonzepte, Flächenwidmung, Vorschläge zur Benennung von städtischen Anlagen, Kleingartenanlagen, Aktionen zur Förderung des Breitensports und einiges mehr – die vollständige Liste finden Sie am Ende dieses Artikels.
Politisch entscheidend ist der erste Platz
Sehr viele Entscheidungen kann der Bezirksvorsteher oder die Bezirksvorsteherin treffen, ohne dafür einen Auftrag oder die Zustimmung des Bezirksparlaments zu brauchen. Und hier kommt eine weitere Besonderheit des Wiener Wahlrechts zu tragen. Die Bezirksvorsteherin oder der Bezirksvorsteher werden immer von der Partei gestellt, die bei den Wahlen am meisten Stimmen bekommen hat, ganz egal wie groß der Vorsprung ist. Anders als auf Landes- und Bundesebene ist es also nicht möglich, dass kleinere Parteien sich in einem Koalitionsabkommen ausmachen, gemeinsam gegen die stärkste Partei zu regieren. Laut Stadtverfassung stellt die stärkste Partei immer die Bezirksvorstehung und kann so im Bezirk die Fäden zieht.
Gutes politisches Klima im Bezirk sorgt für bessere Ergebnisse
Die anderen Parteien können die Alltagsarbeit der Bezirksvorstehung kaum beeinflussen, wenn die stärkste Partei das nicht will. Verhindern oder beeinflussen können die anderen Parteien nur besonders große und teure Projekte, indem sie die dafür notwendige Budget-Beschluss blockieren. In der Periode 2015-2020 war das zum Beispiel beim geplanten Umbau des Gersthofer Platzls der Fall, bei dem SPÖ, ÖVP und FPÖ die Finanzierung nicht freigegeben haben. Von sich aus und gegen die Vorstellungen der Bezirksvorstehung kann das Bezirksparlament aber so gut wie nichts umsetzen.

Wenn die Gesprächsbasis gut ist, die persönliche und politische Chemie stimmt, können aber auch kleinere Parteien ihre Ideen umsetzen. In den letzten Jahren konnten so SPÖ und NEOS ihre Vorstellungen einbringen: Die SPÖ zum Beispiel bei der Gestaltung konsumfreier Zonen am neuen Kutschkermarkt, die NEOS durch das Beteiligungsprojekt „Klimateam“.
Geholfen hat dabei natürlich, dass diese SPÖ und NEOS derzeit die Stadtregierung stellen. So haben sie informellen Gesprächskanäle zwischen Stadt und Bezirk noch weiter geöffnet – ein positiver Austausch in beide Richtungen zum Nutzen der BezirksbewohnerInnen
Keine Volksabstimmungen auf Bezirksebene
Die ÖVP hat hingegen weitgehend auf Blockade gesetzt und konnte in den letzten fünf Jahren so gut wie nichts umsetzen. In den letzten Jahren hat die Volkspartei mehreren Bezirken versucht, sogenannte „Volksbefragungen“ durchzuführen: In Währing gab es vor 2015 gleich zwei solcher „Abstimmungen“ zum Parkpickerl, in Döbling im Jahr 2022 über ein Radweg-Projekt. Solche „Befragungen“ sind in der Stadtverfassung aber explizit nicht vorgesehen, die Ergebnisse sind auch in keiner Weise bindend. Alle „Befragungen“ war außerdem so angelegt, dass Fragestellung und Durchführung das Ergebnis schon weitgehend vorgegeben haben. Kein Wunder, dass die Durchführung dieser Aktionen aus dem Marketing-Budget der Bezirke erfolgte – mit echter Demokratie hatten diese Aktionen nichts zu tun.
Liste der Anhörungs- und Mitwirkungsrechte der Bezirksvertretung
- Erstellung von Bezirksentwicklungskonzepten
- Mitwirkung bei Maßnahmen der Stadterneuerung
- Vorschläge zur Verbesserung der Infrastruktur des Bezirkes, insbesondere zur Lösung der Verkehrsprobleme
- Mitwirkung bei der Errichtung und Auflassung öffentlicher Straßen, Plätze und Wege
- Vorschläge für die Standorte der Pensionist*innen-Klubs und Senior*innen-Treffs
- Mitwirkung bei Maßnahmen zur Überwachung der Instandhaltung der von der Stadt Wien verwalteten Denkmäler und Brunnen
- Vorschläge für Maßnahmen im Interesse der Sicherheit der Bezirksbevölkerung
- Standortvorschläge für Handels-, Gewerbe- und Industriebetriebe im Bezirk
- Vorschläge zur Lösung bezirksspezifischer Sozialprobleme
- Vorschläge über die Einrichtung von sozialen Diensten
- Vorschläge und Stellungnahmen zu Vorschlägen betreffend die Benennung von öffentlichen Verkehrsflächen einschließlich Brücken sowie von städtischen Wohnhausanlagen, Parkanlagen, Sportanlagen, Schulen und Kindergärten, soweit sich solche Bauwerke für eine Benennung eignen
- Erstellung von Kultur-, Bildungs- und Freizeitprogrammen für den Bezirk
- Mitwirkung bei der Errichtung, Verlegung und Auflassung von Märkten
- Programme zur Durchführung von Aktionen zur Förderung des Breitensportes
- Mitwirkung bei der Festsetzung der Wahlsprengel
- Mitwirkung bei Aktionen zur Information der Bezirksbevölkerung
- Abgabe von Stellungnahmen, Gutachten und Äußerungen, um die die Bezirksvertretungen vom Gemeinderat, Stadtsenat, von einem Gemeinderatsausschuss, von dem*der Bürgermeister*in oder vom Magistrat ersucht werden
- Mitwirkung bei der Errichtung, Verlegung und Auflassung von städtischen Kindergärten
- Mitwirkung bei der Errichtung, Verlegung und Auflassung von städtischen Schulen
- Mitwirkung bei der Errichtung, Verlegung und Auflassung von städtischen Jugendspielplätzen
- Mitwirkung bei der Errichtung, Verlegung und Auflassung von städtischen Bedürfnisanstalten
- Mitwirkung bei der Errichtung, Verlegung und Auflassung von städtischen Familienbädern
- Mitwirkung bei der Errichtung, Verlegung und Auflassung von städtischen Saunabädern
- Mitwirkung bei der Errichtung, Verlegung und Auflassung von städtischen Musikschulen
- Mitwirkung bei der Festsetzung genauer Grenzlinien zwischen den Gemeindebezirken (§ 4 WStV)
- Mitwirkung bei der Umlegung von Bezirksgrenzen aus den Baublöcken in die benachbarten Straßen (§ 4 WStV)
- Mitwirkung bei der Änderung in der Abgrenzung und weiteren Abteilung der Bezirke durch Landesgesetz (§ 4 WStV)
- Erlassung und Abänderung der Geschäftsordnung der Bezirksvertretungen
- Festsetzung und Abänderung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes, soweit der jeweilige Bezirk betroffen ist, im Sinne des § 2 Absatz 5 und Absatz 9 der Bauordnung für Wien
- Veränderungen im Liniennetz der von der Stadt Wien betriebenen öffentlichen Verkehrsmittel
- Errichtung und Auflassung von städtischen Krankenanstalten und Pflegeheimen
- Errichtung und Auflassung von städtischen Bädern, ausgenommen Volks-, Warm- und Kinderfreibäder beziehungsweise Familien- und Saunabäder
- Errichtung und Auflassung von städtischen Sportanlagen
- Errichtung und Auflassung von Kleingartenanlagen
- Errichtung, Verlegung und Auflassung von städtischen Büchereien
- Errichtung und Auflassung öffentlicher Brücken, Stege und Stiegenanlagen, soweit diese Straßen in die Eigenzuständigkeit der Bezirke fallen und öffentliche Grünflächen fußläufig verbinden
Mehr Artikel zur kommenden Wahl der Bezirksvertretung in Währing:
Neuwahl des Bezirksparlaments am 27. April
Wie verankert sind die Parteien im Bezirk?
SPÖ bei Nationalratswahl stärkste Partei in Währing
Grüne bei EU-Wahl in Währing auf Platz eins
Bilder: Unser Währing.at