Angelobung unter Coronabedingungen

Silvia Nossek und Jakob Kastner

Bei der ersten Sitzung der Bezirksvertretung wurde Silvia Nossek erneut zur Bezirksvorsteherin gewählt, Stellvertreter sind Robert Zöchling (Grüne) und Oliver Möllner (ÖVP). Die neuen Clubchefs der Bezirksparteien riefen zur Zusammenarbeit aus – dabei zeigten sich aber deutliche inhaltliche Unterschiede. Überschattet wurde die Sitzung von den Anti-Coronamaßnahmen.

Kurz nach Beginn der Sitzung klopfte die Polizei an der Tür: „Diverse Nachbarn haben darauf aufmerksam gemacht, dass hier eine Veranstaltung stattfindet!“ Die Beamten zogen aber schnell wieder ab, Sitzungen von öffentlichen Organen sind von Corona-Bestimmungen explizit ausgenommen. Eine der 40 Abgeordneten fehlte weil sie erkrankt ist. Dementsprechend streng waren die Sicherheitsmaßnahmen im großen Veranstaltungssaal der Pfarre Gersthof, in den die Sitzung verlegt worden war: Große Abstände zwischen den Sesseln, Maskenpflicht, nur wenige Zuseher und Desinfektionsmittel beim Eingang.

Alle Parteien hatten sich optisch vorbereitet: Die Abgeordneten der ÖVP Währing kamen mit einheitlichen türkisen Masken und weißen Rosen am Revers, die SPÖ mit roten Nelken, die Grünen mit einem Gesteck aus Chrysanthemen, die NEOS mit pinken Rosen und der Abgeordnete der FPÖ mit einer Kornblume, dem traditionellen Zeichen des dritten Lagers. Angelobt wurden die Abgeordneten von Stadträtin Uli Sima, auch die nicht-amtsführende Stadträtin Judith Pühringer war als Gast anwesend.

Erster wichtiger Tagesordnungspunkt war die Wahl des Vorsitzenden der Bezirksvertretung, der die Sitzungen leitet – auf das Parlament übertragen quasi der Nationalratspräsident. Laut der Wiener Stadtverfassung steht diese Position der stimmenstärksten Fraktion zu. Jakob Kastner bekam aber eine große Mehrheit über die Parteigrenzen hinweg, für ihn stimmten 35 der 39 anwesenden Abgeordneten. Naomi Sametinger von der Grünen Jugend bekam als erste Stellvertreterin 34 Stimmen, Michael Richter als zweite Stellvertreter 37 Stimmen.

Sitzung der Bezirksvertretung
v.l.n.r: Oliver Möllner, Robert Zöchling, Silvia Nossek, Jakob Kastner. Photo: Markus Müller

Es folgte die Wahl der Bezirksvorsteherin. Silvia Nossek wurde mit 30 Stimmen wiedergewählt, ihre Stellvertreter Robert Zöchling (Grüne) erhielten 30 und Oliver Möllner 33 Stimmen – also deutlich mehr als jeweils von den Abgeordneten ihrer eigenen Fraktionen.

Nossek: Klimawandel ist größte Herausforderung für den Bezirk

In ihrer programmatischen Rede betonte Silvia Nossek die Gefahr durch den Klimawandel, der sich in Währing immer stärker bemerkbar mache: Viele Straßenbäume würden eingehen, die Kosten für Baumerhaltung und -neupflanzung seien zuletzt explodiert. Südseitige Räume in Schulen und Kindergärten seien ab Ende Mai praktisch unbenützbar. Im Straßenbudget gebe es immer höhere Kosten durch Hitzeschäden, dafür praktisch keine Ausgaben mehr für Schneeräumung. Größtes Sorgenkind sei dabei der Verkehr, der für besonders viele Treibhausgase verantwortlich ist: Mehr BezirksbewohnerInnen sollten dazu gebracht werden vom Auto auf das Fahrrad umzusteigen, die öffentlichen Verkehrsmittel zu benutzen oder zu Fuß zu gehen. Die entsprechenden Maßnahmen hätten bereits in der Corona-Krise geholfen, seien wichtig beim Kampf gegen den Klimawandel und würden außerdem die Lebensqualität in Währing erhöhen. An dieser Herausforderung müsse gemeinsam mit Energie und Ernsthaftigkeit gearbeitet werden.

Marcel Kneuer, der Clubobmann der Grünen erinnerte daran, dass es fast 30 Jahre her sei, dass eine einzelne Fraktion so viele Abgeordnete in der Bezirksvertretung stellt – damals war es die ÖVP, heute sind es die Grünen. Der große Erfolg bei der Wahl bedeute aber auch einen großen Erfolgsdruck. Die WählerInnen würden erwarten, dass Projekte umgesetzt werden und die Parteien sich „kein Hackl ins Kreuz hauen“. Zu dieser Zusammenarbeit lade er alle Abgeordneten gemeinsam ein.

Personeller Neustart bei ÖVP und SPÖ

Bei der ÖVP übernahm Beate Marx die Clubführung. Sie bedankte sich bei den Wählern und bei der Spitzenkandidatin für die Bezirkswahl Kasia Greco, die nur als Gast bei der Sitzung war. Greco wird künftig nicht in der Bezirksvertretung sondern im Gemeinderat sitzen wird – dort sei sie eine starke Stimme für Währing. Die Führung der ÖVP habe sich verjüngt, sagte Marx, sie wünsche sich Zusammenarbeit auf Augenhöhe und einen wertschätzenden Umgang. Inhaltlich sei ihr ein neues Mobilitätskonzept für alle Verkehrsteilnehmer wichtig – gemeint ist mit dieser Formulierung in der Regel der motorisierte Individualverkehr. Die ÖVP setze sich außerdem für eine sinnvolle Klimastrategie im Bezirk ein.

Eine neue Führung gibt es auch bei der SPÖ. Michael Trinko hat den Clubvorsitz übernommen hat, seine Stellvertreter sind Elisabeth Kaiser und Martin Much. Die letzten Sitzungen der Bezirksvertretung und der Wahlkampf waren von scharfen Tönen und persönlichen Angriffen der SPÖ gegen Bezirksvorsteherin Nossek geprägt. Davon war in Trinkos Rede nichts mehr zu spüren: Er betrachte die anderen Parteien nicht als Gegner sondern als Mitbewerber und als Kollegen, mit denen er über die Parteigrenzen hinweg für Währing zusammenarbeiten wolle. Die SPÖ sehe sich als Vertreter derer, die keine laute Stimme in der Gesellschaft haben, sich nicht so leicht durchsetzen könnten und denen das Geld für eine Parteispende fehlt. Konkrete Ankündigungen zur Arbeit im Bezirk gab es keine. Auch Bezirksparteiobmann Andreas Höferl war nicht anwesend.

NEOS freuen sich über neuen Livestream und setzten auf Transparenz

Bei den NEOS bleibt Wilfried Lepuschitz Clubobmann. Zu Beginn sendete er Grüße an die ZuseherInnen zu Hause: Die Sitzung wurde das erste mal per Livestream übertragen, damit wurde eine langjährige Forderung der NEOS umgesetzt. Die Partei stehe auch künftig für mehr Transparenz im Bezirk. Durch die rot-türkise Koalition in der Stadtregierung könnten die NEOS auch auf dieser Schiene versuchen, sich für die Anliegen des Bezirks einzusetzen. Der Klimawandel sei eine große Herausforderung, die NEOS würden daher versuchen, die Menschen von einer Änderung ihrer Mobilitätsmuster zu überzeugen.

Mit Dank begann auch die Rede von Lothar Planner, dem einzigen verbliebene Abgeordneten der Freiheitlichen. Er danke seinen Wählern und den anderen Parteien für die Unterstützung, den Informationsfluss im Vorfeld der Sitzung und die gute Zusammenarbeit über die Parteigrenzen hinweg. Da die FPÖ mit nur einem Abgeordneten keinen Club stellt, hat die FPÖ keinen Sitz in den Ausschüssen und ist auch nicht automatisch in der Präsidiale vertreten, die die Sitzung vorbereitet. In der öffentlichen Darstellung von Udo Guggenbichler, dem Vorsitzenden der FPÖ-Währing, auf seinem Facebook-Account war von dieser Dankbarkeit für die gute Zusammenarbeit allerdings nichts mehr zu bemerken. Dort heißt es: „Macht braucht Kontrolle ! Besonders Nossek !“

Neue Ausschüsse und Kommissionen wurden einstimmig beschlossen

Einstimmig angenommen wurde die Einrichtung der Ausschüsse und Kommissionen der Bezirksvertretung, die inhaltliche Angelegenheiten vorbereiten. Beschlossen wurde die Einrichtung des Finanzausschusses, des Bauausschusses, des Umweltausschusses und des Kleingartenausschusses, außerdem der Bezirksentwicklungskommission und der Mobilitätskommission, die aus jeweils 12 Abgeordneten bestehen werden. Die Vorsitzenden dieser Kommissionen und Ausschüsse werden in den kommenden Wochen bei den ersten Sitzungen gewählt. Die nächste Sitzung der Bezirksvertretung findet bereits am 17. Dezember statt, am Programm steht der Beschluss des Bezirksbudgets für das Jahr 2021.